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18.10.2014 | Wenn der Vater mit dem Sohne...

In Schweden soll es auch ein Berlin geben.

Die wenigen Berichte, die sich dazu finden lassen, kommen allerdings alle zu dem Ergebnis, dass niemand bisher dieses Berlin gefunden hat. Einzig der Hinweis auf die geographischen Koordinaten 59° 18‘ 0“ Nord / 16° 17‘ 0“ Ost verspricht etwas Hoffnung, die bei einem Blick auf Google Maps jedoch schnell gedämpft wird. Als Suchergebnis wird eine Stelle mitten auf einem Feld angezeigt, mehr oder weniger im Nirgendwo, weit ab von einem Ort.

Wenn ich es von anderen Berlin-Reisen nicht besser wissen würde, würde ich mich damit abfinden, dass es dieses Berlin wohl doch nicht gibt. Aber genau solche, scheinbar nicht vorhandenen Berlins sind es, die auf mich einen besonderen Reiz ausüben. Und oft genug habe ich vor Ort ja dann doch etwas herausgefunden! Der perfekte Anlass also für einen Wochenendausflug mit meinem Sohn Lorenz. Er war mir schon auf vorherigen Reisen ein willkommener Wegbegleiter und bringt es mit seinen knapp 2½ Jahren bereits auf annähernd zehn besuchte Berlins.

An einem Samstagmorgen fliegen wir nach Stockholm. Ab dort weiter mit dem Mietwagen. Die Koordinaten führen uns in die Nähe der Stadt Eskilstuna, ca. 120km landeinwärts von der schwedischen Hauptstadt. Etwas abseits einer kleinen Stichstraße zum nordöstlichen Zipfel des Hjälmaren Sees soll das Berlin liegen. Uns erwartet eine – wie man so schön sagt – landschaftlich sehr reizvolle Gegend: Sanfte Hügel, Wiesen und Felder, kleine Waldstücke, ein schilfbewachsenes Seeufer, mal ein kleines Häuschen, mal ein Bauernhof. Wir staksen durch das Feld. Lorenz hat mit dem unebenen Untergrund zu kämpfen und kommt nur langsam voran. So habe ich ausgiebig Zeit, nach Anhaltspunkten, die auf die Existenz eines Berlins schließen lassen würden zu suchen. Finde aber absolut nichts. Keine Ruinen, keine alten Schilder. Einfach nur ein Feld. Auch von den Leuten, die ich vor Ort frage, weiß keiner etwas von einem Berlin.

So wenig erfolgreich ich mit meiner Suche bin, so erfolgreich ist mein Sohn mit seinem eigenen kleinen Nebenprojekt: Dem Sammeln von Steinen. Mit gut gefüllten Taschen lässt er sich von mir zurück zum Auto tragen und macht es sich erschöpft aber zufrieden in seinem Kindersitz gemütlich. Kurze Zeit später ist er eingeschlafen. Ich überlege derweil wieso es diese Koordinaten gibt und warum Google Maps ein Suchergebnis für Berlin in Schweden darstellt? Die Koordinaten stammen von der Internetseite www.geonames.org, welche sich im Fall des Berlins in Schweden auf Datenbanken der US Army bezieht, die Ortsnamen von alten Karten digital erfasst haben sollen. Hierbei kann es schlicht und einfach zu Tipp- bzw. Übertragungsfehler gekommen sein. Mein Ansprechpartner bei www. geonames.org nimmt an, dass Google entweder die gleichen Quellen wie sie nutzt oder sogar auf www.geonames.org als Quelle zurückgreift. Auf meine Anfrage hat Google leider noch nicht geantwortet.

So ungern ich es akzeptiere, aber es deutet alles darauf hin, dass es dieses Berlin tatsächlich nicht gibt. Ein Ansatz bleibt mir allerdings noch: Die gängigste Erklärung für die Namensgebung des „eigentlichen“ Berlins ist der Bezug zum historischen slawischen Wort „brlo“ bzw. „berlo“ für „Sumpf“, „Morast“ oder „Stelle in einem Feuchtgebiet“ und der Endung „in“, die häufig als sogenannte Wohnstättenbezeichnung hinzugefügt wurde (wie z.B. auch bei Stettin oder Schwerin). Berlin bedeutet also so viel wie „Ort am/im Sumpf“. Dies träfe auf jeden Fall auch hier zu. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde durch Absenken des Wasserspiegels des Hjälmaren Sees Land für die Bewirtschaftung gewonnen. Die Fläche, in dem das Berlin liegen soll, ist so entstanden. Kleine Kanäle durchziehen die Felder, es gibt sumpfige Stellen. Könnte als Erklärung passen – und wäre entschieden schöner als die pragmatische Begründung von www.geonames.org. Dass es hier einen Zusammenhang gibt, lässt sich aber leider in keiner Form belegen.

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